Sonntag, 3. Mai 2015

Tongariro #2 (Mt Ngauruhoe)

Heute soll unser Tag werden, wir übernachten wieder im Whakapapa Holiday Park, treffen uns mit Glenn und sind froh, dass er zwar älter als wir, aber sehr locker und cool drauf ist. Er fährt einen uralten Toyota Land Cruiser, mit dem man vermutlich die Hälfte des Wanderwegs fahren könnte. Nach der erfolgreichen und schönen Wanderung gestern ändern wir unseren Plan und wollen nun auf den schneebedeckten Gipfel des Mt Ngauruhoe, den großen Bruder vom Mt Tongariro, etwas über 2200m hoch. Wir stehen um sieben auf, fahren auf Glenn's Einwurf noch am örtlichen Sightseeing Flugplatz vorbei und drohen dort damit, dass sich heute drei Gleitschirmflieger vom Berg stürzen, der sich momentan noch in Wolken hüllt. Der örtliche Chefpilot freut sich über unser Vorhaben, gibt einige Tipps und prognostiziert vor allem, dass sich die Wolkendecke in Kürze auflösen wird. Er behält Recht, am Car Park angekommen wandern wir bei fast wolkenlosem Himmel mit voller Zuversicht los. Nach zwei Stunden erreichen wir den Sattel zwischen beiden Bergen, Glenn entscheidet sich für Tongariro links, wir stapfen den Ngauruhoe hoch. Es ist sehr steil, anstrengend und von herunterrutschenden Wanderern poltern lustig Steine herunter. Kein Spaß. Nach weiteren 1,5 Stunden erreichen wir den Gipfel - was für ein Ausblick, was für ein tolles Gefühl, oben zu sein, Wahnsinn. Ich hatte sehr zu kämpfen, war deutlich langsamer als Robert. Mit 12 Kilo auf dem Rücken ist jeder Schritt unendlich schwerer. Oben öffnet sich ein etwa 200m großer Krater, mit einem vereisten See drin (den wir nicht sehen, aber er soll da sein). Überhaupt ist hier alles vereist und der Wind straff. Aus der gegenüberliegenden Richtung. Wir schlittern, hangeln, rutschen also auf die andere Seite. Noch mehr Eis, ein paar Wolken und ein irrer Ausblick. Und zuviel Wind. Wir entscheiden uns, ein wenig herabzusteigen, dort ist der Wind weniger käftig, wir wollen fliegen. Etwa 100m tiefer ist immernoch alles vereist, es ist die Südseite des Berges und die Sonne scheint hier praktisch nie richtig drauf. Wir versuchen bei nun moderatem Wind mehrfach, in die Luft zu kommen ... keine Chance. Das Eis hat durch den Wind überall Zapfen und Haken gebildet, in denen sich die Leinen des Gleitschirms permanent verhängen. Wir sind wirklich schon auf schlimmen Plätzen gestartet, aber hier ist es - auch wegen der Steigung und der ständigen Gefahr, abzurutschen - einfach nicht zu machen. Kein Spaß. Wir brechen ab - doch was nun? Weiter runter und auf bessere Bedingungen hoffen oder wieder hoch und den gleichen Weg zurück? Wir rutschen und hangeln uns weiter runter. Ohne Steigeisen und irgendwas festes an den Schuhen eine doofe Idee. Es dauert ewig, wir hangeln uns von Felsen zu Felsen, bis wir weicheren Schnee und Geröll erreichen. Hier ist es etwas einfacher zu gehen, aber noch immer sind wir auf etwa 1900m Höhe und es ist kein Ende in Sicht. Noch weiter unten verwerfen wir endgültig unser Vorhaben, hier fliegen zu wollen. Das Wasser ist längst aufgebraucht oder halbvoll (Robert) den Berg hinuntergerollt, die Beine schwer, der Rücken schmerzt, die Klamotten nassgeschwitzt, die Laune am Boden. Doch wir müssen zum Car Park zurück, wenn möglich vor Sonnenuntergang - sonst wird alles noch schwieriger, denn Lampen haben wir natürlich auch nicht dabei. Es geht endlose Geröllhalden und trockene Wasserläufe rauf und runter grob Richtung Camper Van. Die Sonne geht unter, hinter uns steigt der Vollmond frech hervor. Der Berg hat uns besiegt. Nach 9 Stunden und 20 Minuten erreichen wir das Ziel, komplett erschöpft, völlig am Ende. Und doch froh, auch wenn nichts aus dem schönen Plan geworden ist. Glenn hatte drüben am anderen Berg nicht weniger Pech, sein Schirm ist leicht demoliert, er konnte nicht starten, musste auch zurücklaufen. Es sollte wohl einfach nicht sein. Erkenntnis des Tages: es ist nicht der große Stein, der dich vorm Abrutschen sichert. Es ist das dünne Gras und seine Wurzeln, auf das du vertrauen kannst. Jaja, ich weiß, aber man denkt an so einiges, wenn man stundenlang durchs Gelände stolpert. Naja, und so einige andere Erkenntnisse gibts da auch noch. ;-)





2 Kommentare:

  1. die Begeisterung hält sich merkwürdigerweise dann in Grenzen, wenn diese scheinbar nicht mehr erkannt werden. Klettern und wahnsinnige Aussicht reichen wohl nicht ?

    AntwortenLöschen
  2. Doch doch, die Begeisterung war ja da. Wieder runterkraxeln kann aber nicht so begeistern. Besonders dann nicht, wenn man einen anderen Plan hatte. :-)

    AntwortenLöschen